Aufbruch im "Silicon Wadis"

Aufbruch im "Silicon Wadis"

Unterstützt von internationalen Wagniskapitalgebern
erlebt die Hightech-Branche
in Israel einen neuen Boom

FINANCIAL TIMES Deutschland Nr. 188 Agenda 27.09.2004

Von Vardina Hilloo 

Zeev Holtzman ist mal wieder auf Tournee. Der Gr nder und Chef der israelischen Venture-Capital-Gesellschaft Giza klappert zurzeit Investoren in den USA und Europa ab. Bis Ende des Jahres will er 200 Mio. $ für einen neuen Fonds einsammeln - und das Geschäft läuft gut: "Es fällt deutlich leichter, Geld zu bekommen. Das Interesse an Investitionen vor allem in die israelische Hightech-Branche ist wieder riesig."

Vier Jahre nach dem Platzen der New-Economy-Blase und dem Ausbruch der zweiten Intifada, die Israel in die schwerste Wirtschaftskrise seit der Staatsgründung stürzten, erlebt das Land einen neuen Aufschwung. Hightech-Startups schießen aus dem Boden, 62 waren es allein in der ersten Hälfte dieses Jahres, und die Venture-Capital-Branche verzeichnet stetig steigende Mittelzuflüsse. So flossen im zweiten Quartal dieses Jahres 338 Mio. $ Wagniskapital - heimisches wie ausländisches - in 91 Hightech-Firmen, das ist ein Plus von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für dieses Jahr rechnet das Israel Venture Capital Research Center (IVC) mit Investitionen von insgesamt 1,2 Mrd. $. Verglichen mit 2003 wäre das ein Anstieg von 20 Prozent. Bis Ende 2005, schätzen Experten, wird die Summe noch einmal bei gut 2 Mrd. $ liegen. "Wir spüren definitiv, dass sich die Erholung eingestellt hat", sagt Jonathan Saacks von Gemini Israel, einem der ältesten Venture-Capital-Fonds des Landes. "Rund 15 israelische VC-Gesellschaften sind zurzeit dabei, neue Fonds aufzusetzen", sagt Giza-Chef Holtzman, der zugleich Chairman des IVC ist. "Die Zahlen sin d ermutigend, insbesondere vor dem Hintergrund der vergleichsweise schwächeren Trends in den USA und Europa", sagt Holtzman. Motor des jüngsten Aufschwungs ist die weltweit anziehende Konjunktur, die vor allem der Hightech-Branche zu neuem Wachstum verhilft. "Die israelische Hightech-Industrie ist ein Spiegel des weltweiten Hightech-Marktes", sagt Yoram Oren, Chef des Wagniskapitalgebers Vertex mit Sitz in Tel Aviv und London. "Wie viele andere gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Unternehmenstechnologie, Konsum- und Mobilfunktechnologie in den nächsten fünf Jahren mit einer Quote von sechs bis acht Prozent wächst. Bleiben größere nachteilige politische Ereignisse aus, wird Israels Hightech-Sektor um diesen Prozentsatz wachsen", schätzt Oron. Bereits im ersten Quartal 2004 stieg der Export von Hightech-Produkten um zehn Prozent auf ein Volumen von 2,7 Mrd. $. Auf der Suche nach Übernahmeobjekten sehen sich vor allem Unternehmen wie Cisco oder Intel derzeit bevorzugt im "Silicon Wadis" um, wie die gut ein Dutzend Technologieparks des Landes genannt werden. "Hinter den USA ist Israel für Intel der zweitwichtigste Forschungsstandort geworden", ließ Intel-Technologiechef Pat Gelsinger jüngst in einem Interview wissen. Verantwortlich für das wachsende Interesse an Investitionen in Israel ist nicht bloß die große Zahl innovativer Startups, auch die Sicherheitsbedenken der Geldgeber sind geringer geworden. Ausländische Unternehmen, die wegen der Terroranschläge während der Intifada starke Bedenken hatten, in Is rael aktiv zu werden, sehen sich seither durch eine sinkende Anzahl von Attentaten wieder beruhigt. "Die relative Ruhe an der Sicherheitsfront hat das Einwerben von Geldern deutlich einfacher gemacht", sagt der Manager eines großen Venture-Capital-Fonds. Vor allem amerikanische Kapitalgeber zeigen derzeit wachsendes Interesse: Flossen im Jahr 2000 noch fünf Prozent des Wagniskapitals amerikanischer Investoren nach Israel, hat sich dieser Anteil im Jahr 2002 bereits verdoppelt und steigt seitdem weiter. Geld erhielten die Fonds etwa vom Pensionsfonds für Lehrer des US-Bundesstaats Virginia oder vom Pensionsfonds für Polizisten in New York. Doch auch in Europa steigt das Bewusstsein für das Potenzial des Investmentstandorts,
hat Yossi Sela, Mitgründer von Gemini Israel, bemerkt. "Das wachsende Interesse in Europa wird die Venture-Capital-Branche in Israel in den nächsten Jahren noch einmal vorantreiben." Zitat: "Wir spüren definitiv, dass sich die Erholung eingestellt hat" - Jonathan Saacks, Gemini Israel  Â